Montag, 23. Mai 2011

The Dungeon

Er kam erneut zu sich.
Wie zuvor gelang es ihm nach dem Erwachen nur mühsam seinen Geist von der Benommenheit zu befreien. Seine Schultern waren taub. Die Kettenhalterungen, die ihn mit weitauseinander gespreizten Armen an der Mauerwand seines Kerkers festhielten, ließen nur einen kleinen Bewegungsspielraum zu und dehnten seine verdrehten Schultergelenke bis an die Grenze der Erträglichkeit. So hing er hier bereits seit Wochen oder Monaten. Er wusste es nicht mehr.
Langsam löste er seine Zehen aus der Mauerfuge, in die er sie jede Nacht klemmte, um so mit angewinkelten Knien an der Wand hängend, zu schlafen, damit er des Nächtens nicht von den Ratten angefressen wurde.

Sein Blick fiel auf seinen schmutzigen Körper. Was für einen erbärmlichen Anblick er bot. Die Monate in diesem Loch hatten ihn ausgezehrt und geschwächt. Er war nur noch ein blasses Abbild der kraftvollen Gestalt, die er einst gewesen war. Er Hraudnir, Hallgrimurs Sohn und Clanoberhaupt der Drakeenar des Nordens. In seinen Adern floss das Blut der Altvorderen, welche die Kraft eines Bären besaßen und niemandem gegenüber verpflichtet waren. Deren Reich sich einst von den östlichen Ausläufern der Yin-Sloth bis an die Grenzen des Timero Kingdom erstreckt hatte.

Er blickte auf die kunstvollen Muster und Zeichen, die sie ihm in den letzten Tagen auf den Leib gemalt hatten. Überwiegend in Blau und Schwarz wanden sich Schlangen- und Spiralmuster über seinen Körper, immer wieder von einer Rune oder einem magischen Zeichen flankiert.

Diese Zeichnungen waren es auch, die ihm die Kraft seiner Ahnen aussaugten. Gebunden durch die dunkle Magie des Priesters, bereiteten sie ihn Tag für Tag auf eine Zeremonie vor an deren Ende sein Tot stehen würde.

Dennoch, gebrochen hatten sie ihn noch nicht. Sie mochten seinen Willen versklavt haben, aber seinen Geist würden sie niemals unterwerfen können! Das hatte er sich geschworen, als er von seinem jüngeren Bruder Hadingur zusammen mit dem verderbten Priester in dieses Loch geworfen wurde.

Niemals, niemals....


Das Rasseln des Schlüsselbunds vor der Tür seiner Zelle riss ihn aus seinen Gedanken.
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